Samstag, 30. November 2019

Ho Ho Ho, Motorshow - Advent, Advent, ein Reifen brennt ...

7.00 Uhr. Quietschende Reifen, ein Knall. Ah, denke ich, Colt Seavers ist da, ich sollte aufstehen. Ich registriere, dass ich mich noch im Halbschlaf befinde und dass es eher unwahrscheinlich ist, dass der berühmte Fernseh-Stuntman der 80er Jahre am 1. Adventswochenende in Essen aufkreuzt.

Schlaftrunken gehe ich zum Fenster und sehe, wie ein David Hasselhoff-Doppelgänger aus seinem Auto steigt. Ein Aufkleber auf der Heckscheibe „Diebstahl lohnt sich nicht, Tank wird täglich geleert“ erinnert mich daran, was hier los ist: Es ist Motorshow und die Chrom-Apostel pilgern in Massen durch die autofreundliche Stadt, inklusive Motorshow-Stau-Corso bei der Anreise.

Brigitte Nielsen bei der Motorshow 2010

11.00 Uhr: Ein giftgrüner Taunus kurvt zum fünften Mal auf die Kreuzung zu. Diesmal schafft er eine nahezu perfekt Wendung mit einem lautstarken Handbremsmanöver. Seine drei Beifahrer applaudieren und grölen und jauchzen vor Entzückung. Ja, zur Motorshow „reist“ man nicht an, man „rast“ an, wenn man kann. Hier ist bereits vor der Show Show angesagt. Man tritt aufs Gaspedal und zeigt dem Flüsterasphalt seine Grenzen. Wofür hat man schließlich die 80 Dezibel-Auspuffanlage? Es wird gehupt, es wird gelacht und gesungen. Um mich herum nur fröhliche Menschen. „Ich will Spaß, ich geb‘ Gas…“.

Die musikalische Beschallung, die dann aus einem Golf durch mein geschlossenes Fenster quillt, lässt erahnen: Diese Tontechnik steht einer Großraumdisco-Anlage in nichts nach. Die „Bad Boys Blue“ schmettern „You're A Woman, I’m a Man…”. Läuft.

Ich öffne das Fenster und rieche diese Testosteron geschwängerte Luft, die gepaart mit Stickstoffdioxid die Weihnachtsbäckereidüfte übertüncht. Ich denke an Henry Ford, der sagte: „Ein vernünftiges Auto soll seinen Besitzer überallhin transportieren, außer auf den Jahrmarkt der Eitelkeiten.“
Die Motorshow in Essen - Wie wird sie wohl in 10 Jahren aussehen?

Montag, 25. November 2019

Traktoren-Bauern-Demo – B 224 betroffen



Hunderte Bauern sind heute mit ihren Traktoren unterwegs. Bis zu 700 sollen es sein. Die Protestroute geht auch über die Bundesstraße 224. Um 12.30 Uhr gibt es einen Zwischenstopp am Berthold-Beitz-Boulevard, dann geht es weiter nach Bochum und Dortmund, meldet der WDR. Die Bauern demonstrieren auf diese Art gegen die Politik der Bundesregierung, die die Gesetze rund um die Landwirtschaft verschärfen wollen, z. B. die Düngeverordnung. Ob die Autofahrer dafür Verständnis haben? Die Bauernverbände haben sich für die Verkehrsstörungen vorsorglich entschuldigt. 
Infos: https://www1.wdr.de/nachrichten/traktor-demo-verkehr-100.html
So könnte es ab mittags auf der B 224 aussehen - Foto: WDR


Dienstag, 12. November 2019

Geronimos Cadillac

An der B 224 im Stadtteil Bredeney steht auf dem Parkstreifen ein Cadillac Sevilla, 4,5 Liter, V 8 Motor. Dem Grünwuchs drum herum zu urteilen, ist der Wagen seit vielen Wochen nicht mehr bewegt worden. Das Herz von Liebhabern amerikanischer Autos mag höher schlagen. Meins nicht. Mir schießt sofort ein Song ins Hirn. Geronimos Cadillac.


1986 sang ein junger Mann mit lockiger Mähne, hoher Stimme und Goldkette mit dem Namenszug „Nora“ einen Hit über diese Automarke. Im Text dreht es sich alles um  Geronimo, der mit seinem Cadillac den Frauen reihenweise den Kopf verdreht. Im Video zupft ein blonder Mann auf den Seiten seiner roten Gitarre und stimmt wie ein Eunuch in den Refrain ein: „Geronimos Cadillac - Lässt alle Mädchen verrückt werden - Geronimo hat ein Herz - Oh, es ist eine Katastrophe - Geronimos Cadillac - Lässt alle Mädchen traurig werden - Geronimo hat ein Herz - Oh, es ist eine Katastrophe.“ Sorry, das Lied ist eine Katastrophe. Gott sei Dank ist mein Traum schnell vorbei, weil ich den Ami-Schlitten aus den Augen verliere. Nur auf der Rückfahrt über die Alfredstraße, kurz vor der Kirche "Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage", schlägt der Ohrwurm wieder in voller musikalischer Härte zu. Und jetzt für Euch: https://www.youtube.com/watch?v=A5C8AC6V2KQ

Samstag, 9. November 2019

Schranki - Tag 59

Alles begann im Septemer 2019. Schranki trat in mein Leben. Zwei Wochen nach seinem Einzug auf der Prachtmeile "Gladbecker Straße" berichtete ich das erste Mal öffentlich über ihn:


"Es war einmal ein Schrank und der stand zwei Wochen lang an einer Bundesstraße vor den Schlosspforten des Königs Allbau. Das arme Volk, das hinter dreckigen Fassaden auf der anderen Seite des Königreichs wohnte, war sehr glücklich über diesen Zustand, denn rund um das putzige Mobiliar präsentierte sich ein kostenloses Spektakulum. Kleine Gewichtheber versuchten in akrobatischer Weise das gute Stück hochzuheben und Zauberkünstler ließen kleine Flaschen mit aufgedruckten Hirschen wie von Geisterhand verschwinden. Für das arme Volk war es das Schönste, was ihnen im Königreich Alt-Assindia jemals geboten wurde. Eines Nachts jedoch wurde der Schrank von bösen Geistern in ein Baumbeet verschleppt und das arme Volk erschauderte. Eine große Furcht machte sich breit.
Das arme Volk wusste, dass der böse Drache "Müllmeldo" überall in der Stadt sein Unwesen trieb und ihnen jede kleine Freude im beschwerlichen Alltag zerstören wollte. Zum Glück war der Drache aber dressiert und mied das Elendsviertel vor den Toren des Königs. Und so lebten sie weiter glücklich hinter bröckelnden Fassaden.
Und die Moral von der Geschicht? Nein, diesen Müll, den meld ich nicht."


Bei Facebook ist Schranki mittlerweile ein kleiner Star geworden und viele Menschen freuen sich über Neuigkeiten des niedlichen Meublements. Hier ein paar Beispiele:


Die Sonne
die Sonne und du
uh uh uh uh
gehörn dazu...

And I said "What about breakfast at Gladbecky's?"

+++Eilmeldung Gladbecker Straße+++
Unter tosendem Applaus der Bürger fahren in diesen Sekunden die Karossen der Minister vor. Reporter aus aller Welt warten gespannt auf die Reden der Regierungsmitglieder. Man munkelt, dass es sogar zu einem Kniefall kommen könnte. Ein guter Tag für Altenessen.

 Wie schlecht können Menschen bloß sein? Ich bin total entsetzt. Pizza nicht aufessen geht gar nicht!

Heute ist der 9. November 2019 und ich schreibe wiederholt: "Jaaa, er steht noch, er steht noch, er steht noch, jaaa, er steht noch, er steht noch, kippt nicht."


Wahrscheinlich werden auch heute wieder Fans um Autogramme bitten:

Wahrscheinlich werden auch heute wieder Touristen ihre Bewunderung aussprechen:

Sam Miller (Texas): "Its great to be in the Ruhrpott, but the most impressive experience was, that we met Schranki in Altenessen. Gorgeous. I love Schranki."

Wie wird es mit Schranki und seinen Freunden Stuhli und Regali weitergehen? Ich bleibe für euch am Ball.
Für diejenigen, die heiß auf Spezialinfos sind: Seit ca. 60 Tagen steht Schranki auf der Gladbecker Straße. Statistisch gesehen haben 2832000 Fahrzeuge Schranki passiert. Wir können also frisch behaupten, dass Schranki längst einem Millionenpublikum bekannt ist. Applaus, Applaus, Applaus ... , auch für eine Stadtverwaltung, die weiß, dass man idyllische Orte nicht antasten sollte.

 

Montag, 4. November 2019

Steht der schönste Weihnachtsbaum an der B 224?


„Oh, Tannebaum, oh, Tannebaum, der Lehrer hat uns blau gehau’n - jezz muss ich inne Ecke steh’n und Overstolz-Zigaretten dreh’n.“ Diese Zeilen aus Kindertagen fallen mir immer ein, wenn ich einen Weihnachtsbaum sehe.
Blickfang an der B 224 - Gladbecker Straße in Höhe Radhoffstraße
So langsam werden sie überall aufgestellt. Wie jetzt auf dem Willy-Brandt-Platz in der Essener Innenstadt. Armin Thiemer hat den Akt fotografiert. Obwohl? So richtig kann ich keinen erkennen. Der wird noch irgendwie zusammengeschraubt. Die Essener Tageszeitungen verweisen auf die missglückte Auswahl der Weihnachtsbäume in den letzten Jahren.  Und die gerupfte Plastiktanne, die jetzt die Gäste nahe dem Hauptbahnhof begrüßt, soll als Mahnmal auf den Klimawandel hinweisen. Na, ja.
Das Weihnachtsbaummahnmal weist auf den Klimawandel hin


Aber das wohl interessanteste Exemplar steht seit dem Wochenende an der B 224 in Altenessen-Süd. Auf der anderen Straßenseite vom „Chinesen“ (Holly Wok). Die Gabe der Einfachheit. Kein Schnickschnack. Einfach nur Baum. Kugel, Lichterkette – fertig.

Susanne Demmer guckt jeden Tag drauf: „Nach der Präsentation der Weihnachtstanne in der Essener Innenstadt, sind wir ziemlich siegessicher, dass wir auch dieses Jahr den Preis für den schönsten Weihnachtsbaum auf die Gladbecker Straße holen werden. Die Vorfreude steigt und wir sind schon ganz aufgeregt, was auf dem Gabenschranki liegen wird.“ Gabenschranki? Die Insider wissen, was sich mit dem auf sich hat. Auflösung folgt.



Anmerkung: Overstolz – Zigarettenmarke aus vergangener Zeit. Dazu die passende Werbung aus den 60er-Jahren. Poliitisch unkorrekt aus heutiger Sicht, aber zeitgemäß: https://www.youtube.com/watch?v=ieuJLnZE8sk